Über Posaunenchöre im Allgemeinen und über uns im Besonderen

Der Posaunenchor der evangelischen St. Matthaei-Kirchengemeinde in Großenwieden wurde 1926 gegründet. Dass es diesen Chor noch heute in unserer Gemeinde gibt ist bemerkenswert angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung von damals bis heute. Das Leben wird immer schneller, technischer, die Informationsflut ist kaum noch zu ordnen und zu bewältigen. Vieles kommt, vieles geht. Wenig bleibt. Wir schaffen immer mehr in immer weniger Zeit, und doch ist keine Zeit übrig; wir haben nichts von unserem Tempo. Wer heute schnell ist, hat nicht etwa den Kopf frei, sondern er hetzt zum nächsten Ereignis. Und mittendrin: Posaunenchöre! Musik von Hand gemacht! Größtenteils geistliche Musik, zum Lob Gottes. Für viele Nasenrümpfende ein antiquiertes Etwas. Passen Posaunenchöre überhaupt noch zum aktuellen Lifestyle?

Zunächst einmal sind Posaunenchöre für eine lebendige Kirche wichtig, das ist klar. Mit Hilfe der Musik, der Möglichkeit des Erlernens eines Instruments in einer Gemeinschaft, mit klaren Aufgaben und Zielen wurde eine neue Art von kirchlichem Dienst geschaffen. Laien werden als Mitarbeiter in das gottesdienstliche Geschehen einbezogen. Die Idee Luthers des "Priestertums aller Gläubigen" wird hier weiterentwickelt. Die Kirchenmusik, laut Altem Testament von Anfang an ein unersetzlicher Bestandteil des Gottesdienstes (4. Mose 10), wird mit Beginn der Posaunenchorbewegung auch in die Hände von Laien gegeben.

Ist das alles? Nein. Die Posaunenchorbewegung ist viel mehr. Sie vereint auf einzigartige Weise (Kirchen-)Musik, Jugendarbeit, Seniorenarbeit und Kulturarbeit. Gemeindeaufbau, Erwachsenenarbeit, soziales Engagement und generationsübergreifendes Leben und Lernen wird hier geübt und praktiziert. Posaunenchöre sind soziologisch prägend und sie fördern die Begegnung zwischen Jung und Alt. Dem gemeinsamen Ziel, anderen Menschen mit ihrer Musik Freude zu bringen, kommen die ehrenamtlichen Bläser mit viel Freude und Engagement nach. Und diese Motivation kann ansteckend wirken!

Und die Bläser selber? Wer ein Instrument spielt, ist schöpferisch tätig. Es ist Balsam für die Seele, ein Musikstück zum Klingen zu bringen. Ein Bläser kann sich fallen lassen, wenn er musiziert. Er zieht sich zurück, für Augenblicke, und kommt an Geist und Seele gestärkt zurück. Posaunenchöre können Inseln sein, aber immer mit Verbindung zum Festland. Musik ist die einzige wirkliche Weltsprache. In diesem Sinne sind Posaunenchöre heute wichtiger denn je.

Musik ist ein göttliches Geschenk. Sie erweitert das Sprachrohr der Theologie um eine Komponente, um die uns viele beneiden. Die Kirchenmusik hat in der Vergangenheit immer ein tragende Rolle im Gemeindeleben gespielt und alle kirchlichen Institutionen setzen heute auf die Stärkung der Laienarbeit innerhalb der Kirche. Investitionen in die Kirchenmusik -sei es finanzieller Art oder ein zeitlicher Aufwand- sichert den Fortbestand unserer religiösen Gemeinschaften. Und Posaunenchöre sind insgesamt betrachtet eine große Gemeinschaft! Allein in der Landeskirche Hannover, der wir hier in Großenwieden angehören, engagieren sich ca. 13.000 Bläser in über 700 Posaunenchören. Und Posaunenchöre haben eben nicht nur eine Innenwirkung, sondern transportieren Glaube, Liebe und Hoffnung nach außen, wo immer sie spielen. Da wundert es nicht, dass die deutsche UNESCO-Kommission die Posaunenchöre seit Dezember 2016 zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland erklärt hat.  

Wir Bläser des Großenwiedener Posaunenchores wünschen uns von ganzem Herzen, dass wir auch weiterhin mit unserer Musik den Menschen mit Freude die frohe Botschaft verkünden können und dabei im besten Sinne auch ein kleines bisschen Lifestyle sein dürfen!